Von Pitterchen
Pitterchens W109
Seit ca. 20 Jahren träumte ich schon von einem alten Mercedes. Wer einmal in einem solchen Wagen mitgenommen wurde und den unverwechselbaren Geruch geschnuppert hat, verfällt ihm einfach oder er hat überhaupt keinen Bezug zu alten Dingen...

Die Holzverkleidung, die alten Sitze und die Gummidichtungen der Fenster und Türen verströmen einen ganz eigenen Geruch, der Dich sofort in seinen Bann schlägt.
Die Zugknöpfe im Armaturenbrett, welches diese Bezeichnung wirklich noch verdient, lassen erahnen, dass das einzige elektronische an ihm das Monoradio ist.
Nach ABS, ESP, Gurt-, und Lichtwarner sucht man vergebens. Es gibt keine Anzeigen für abgefahrene Bremsbeläge, für fehlendes Wischwasser oder für eine nicht ganz geschlossene Tür.
Wischwasser gelangt nicht per Knopfdruck auf die Windschutzscheibe, sondern per Fußdruck. Man muss nicht komplexe Einheiten austauschen, nur weil ein einzelnes Bauteil defekt ist.

Ein echtes Mechanikerherz macht Freudensprünge beim Anblick eines solchen Autos, weil man noch sehr viel selbst schrauben kann und das noch ohne Notebook. Wo das moderne Gelumpe am Straßenrand Zwangspause einlegen muss, weil die ABS-Lampe leuchtet oder der Bordcomputer ausgefallen ist, fahren unsere Autos souverän weiter.
In einem großem Internetportal hatten Claudia, mittlerweile auch von diesem Virus befallen, und ich unsere Fühler ausgelegt und nach einem solchem Wunderwerk der Technik Ausschau gehalten. Mal war der Preis jenseits von Gut und Böse, mal war der Zustand dank mangelnder Pflege sehr dürftig und mal war es eben beides.

Wir hatten einen Suchradius von 200 km (Königswinter) angegeben und fanden einen Wagen, der irgendwie zu uns passen könnte, in Urspringen bei Marktheidenfeld. Woran man erkennen kann, dass aus 200 km Suchradius mal eben 284 km wurden. Diese Suchmaschinen nehmen es eben nicht ganz so genau.
Wir vereinbarten einen Besichtigungstermin, bewaffneten uns mit ausreichend buntem Papier auf welchem Zahlen eingedruckt waren und machten uns auf gen Bayern (Franken).

Die Wagenfarbe war bei Tageslicht nicht ganz so schrecklich wie auf den Fotos im Internet, der Zustand war ….naja…. und wir frohen Mutes.
Probefahrt und das übliche Geplänkel rundeten unseren ganz positiven Eindruck ab und wir wurden mit dem Verkäufer recht schnell handelseinig.Vorsichtshalber hatten wir kurz zuvor die Mitgliedschaft im ADAC beantragt. Nach Volltanken verlief die Rückfahrt, natürlich im Regen, pannenfrei. Unsere alte versoffene Lady schwamm im Verkehr mit und erfreute so manchen Autofahrer, der ungewöhnlich lange hinter uns auf der rechten Spur verblieb.

Peter und Claudia mit ihrem Dickschiff

Überhaupt hatten und haben wir auch heute noch das Gefühl, dass so mancher Autofahrer uns Vorfahrt gewährt, uns freundlich winken einfädeln lässt und geduldig bei Grün hinter uns an der Ampel wartet, bis wir den Gang eingelegt haben. Irgendwie das Gegenteil von Welpenschutz, eher dann doch die Ehrfurcht vor dem Alter.

Vielleicht auch eine Spur Mitleid.

Mit Clemens und Christiane, Dan und Elke verabredeten wir für Sonntag, den 26.09.2010, unsere erste gemeinsame Oldie-Ausfahrt. Zuerst wurde Clemens Fahrzeug genau unter die Lupe genommen, was hatte er, was unserer nicht hatte und umgekehrt.

Bei der Gelegenheit stellten wir fest, dass an unserer Luise oberhalb des Kardantunnels einige Abdeckungen fehlten, die bei Clemens Fahrzeug zwar vorhanden, aber doch ganz anders waren. Überhaupt hat Luise einiges an Federn lassen müssen, es fehlt der Deckel des Sicherungskastens, beim Lackieren wurde teilweise der Chrom und sogar die Fenster mit lackiert, so manche Chromschraube rostet und der Motor scheint nicht der Originale zu sein. Die ursprüngliche Lenkradautomatik wurde gegen eine 5-Ganghandschaltung ausgetauscht und das Getriebe eines W116er scheint einen neuen Platz gefunden zu haben.

Treffen in Remagen am Rhein

Wie auch immer, Dan und später auch Elke stießen zu uns und wir machten uns mit drei Oldies auf den Weg nach Remagen zum Oldtimertreffen. Dort hatten sich bereits ca. 10 Fahrzeuge eingefunden. Aufmerksam verfolgte man unsere Einfahrt auf das Gelände. Der Zuruf „Du hast noch dat Licht an“ ließ mich wissen, dass ein Lichtwarner im Fahrzeug überflüssig ist, das erledigen gewissenhaft andere.

Als unsere drei Dickschiffe sich niedergelassen hatten, mit ausgeschaltetem Licht, wurden sie sofort umringt und begutachtet. Fragen wie z. B. wie alt, wie groß, wie schwer, welche Maschine, wat säuft der so etc., wurden mit bestem Wissen und Gewissen beantwortet, bevor wir dann auf den angrenzenden Miniflohmarkt ausschwärmten, respektive ausschwärmen wollten, wenn uns da nicht eine Frittenbude den Weg versperrt hätte. Wohl oder übel mussten wir auf den bereitgestellten Bänken Platz nehmen und erst mal ne Currywurst mit Fritten einpfeifen.

Nachdem das erledigt war, schlenderten wir sehr ausgedehnt, also ca. 4 ½ Minuten über den Flohmarkt und fuhren dann weiter Richtung Remagen Rheinufer. Dort gab es dann noch einen Kaffee und den einhelligen Beschluss, Ausfahrten dieser Größenordnung zu wiederholen.

Für Claudia und mich war es sehr wichtig zu erleben, dass wir nicht die einzigen Bekloppten auf dieser Welt waren. Im Kreise Gleichgesinnter lässt sich eben doch vieles besser ertragen.

Wir danken von ganzem Herzen Clemens und Christiane, sowie Dan und Elke für die herzliche und offene Aufnahme, für den schönen Tag und das gemeinsame Erlebnis.

Wir freuen uns schon sehr auf die nächste Ausfahrt.

Rheinpanorama mit Altmetall

P.S: Claudia und ich fuhren noch bis Sinzig, dann nach Neuwied, Altwied und durch das Wiedtal über Waldbreitbach wieder zurück. Unterwegs hörten wir hinten ein Klappern und schoben das auf ein fehlendes Auspuffgummi. Schlimmstenfalls hätten wir Dan angerufen, er kennt sich mit defekten Hinterachsen ja bestens aus. Erst wild hinter uns hupende und gestikulierende Autofahrer veranlassten Claudia, den Warnblinker zu betätigen und an die Seite zu fahren. Am linken Hinterrad hatten sich zwei M12 Bolzen verabschiedet, die restlichen drei ließen sich mit bloßem Finger eindrehen. Den fünf Bolzen am rechten Hinterrad erging es nicht besser. Also wurde am rechten Hinterrad ein Bolzen raus geschraubt und an das linke Hinterrad eingeschraubt, dann wurden alle Bolzen feste nachgezogen.

Der Vorbesitzer hatte wohl beide Hinterräder abgeschraubt und uns nicht gesagt, dass wir die Bolzen noch einmal nachziehen müssen. Nun fahren bis Mittwoch beide Hinterräder mit je vier Bolzen, muss auch gehen.